Sokrates

* 469 v. Chr

† 399 v. Chr

Als Mäeutik (auch: Maieutik; griech. Hebammenkunst) bezeichnete Sokrates in Anspielung auf den Beruf seiner Mutter seine Kunst der Gesprächsführung. Platon legte seine Philosophie ganz überwiegend in der literarischen Form Sokratischer Gespräche nieder.

Mäeutik als Dialogtechnik des Sokrates

Die Mäeutik beruht auf der Grundannahme, dass die Wahrheit in der angeborenen Vernunft jedes Menschen bereit liegt und nur ans Licht gebracht ("entbunden") werden muss. Die Sokratische Ironie [Terminus von Kierkegaard aufgebracht?] besteht darin, dass Sokrates (oder wer immer dessen Rolle einnimmt) vorgibt, der Unwissende zu sein, aber Fragen stellt, in denen die Antwort schon verborgen liegt; tatsächlich laufen in den Platonischen Dialogen viele Fragen auf ein ja oder nein hinaus und Sokrates hat den größeren Redeanteil.

Die Mäeutik verfährt in zwei Schritten:

In der Elenktik (griech. "Kunst der Überführung") erschüttert Sokrates den Standpunkt seines Gesprächspartners und überführt ihn des Nichtwissens.

In der Protreptik (griech. "Kunst der Hinwendung") führt Sokrates den Gesprächspartner durch weiteres Fragen zur richtigen Erkenntnis.

Ziel der Mäeutik ist bei Sokrates/Platon "ευ ζην" ("eu zen"), "richtig/gut zu leben".

Mäeutik als Unterrichtsmethode

Die Sokratische Methode der Gesprächsführung wurde seit dem 18ten Jahrhundert zum Vorbild einer Unterrichtsmethode genommen, die Erotematik genannt wurde, heute zumeist als fragend-entwickelnd bezeichnet wird und insbesondere den mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht nachhaltig geprägt hat. Der Mathematiker Karl Weierstraß schrieb einen Aufsatz über die Sokratische Methode [Mathematische Werke, Berlin, 1903, III, Appendix, 315-329]; der Fachdidaktiker Martin Wagenschein nannte seinen Ansatz sokratisch.

Leonard Nelson propagierte die Sokratische Methode (auch neosokratisch genannt) sowohl als Unterrichtsmethode als auch als Ansatz für eine Wiederbelebung der Philosophie. Hartmut Spiegel fasst - mit Blick auf Mathematikunterricht und Mathematiklehrerausbildung - Nelsons Ansatz für das sokratische Gespräch einer Kleingruppe in die folgenden einfachen Regeln zusammen:

Sprich klar und kurz und versuche Dich allen Teilnehmern verständlich zu machen!

Halte an der gerade erörterten Frage fest und schweife nicht ab!

Nimm jede Äußerung jedes anderen Teilnehmers in gleicher Weise ernst!

Prüfe Äußerungen anderer Teilnehmer daraufhin, ob Du sie vollständig aufgefasst und verstanden hast und sie auf den Gang der Argumentation beziehen kannst!

Sprich vorhandene Fragen und Zweifel aus, aber spiele nicht den advocatus diaboli!

Arbeite auf einen Konsens hin!

 

Der Leiter soll darauf achten,

 

dass die Teilnehmer die Regeln einhalten,

dass sie sich untereinander wirklich verstehen,

dass sie an der gerade erörterten Frage festhalten,

dass fruchtbare Ansätze nicht verloren gehen.

Der Leiter soll zu allererst die Teilnehmer auf ihr eigenes Urteilsvermögen verweisen, indem er seine eigene Meinung über die erörterte Sache nicht zu erkennen gibt.

In diesem letzten Punkt geht Nelson ganz entscheidend über Sokrates hinaus: der Leiter soll keine Fragen stellen, die ein Urteil enthalten oder seinen eigenen Standpunkt verraten, denn dadurch würde er dem eigenen Urteil der Teilnehmer durch Anbieten eines Vorurteils zuvorkommen.

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